Wie lernen Hunde? Wer die Antworten auf diese Frage kennt, hat es im Training mit dem Hund leichter. Er kann die Verhaltensweisen und Antworten seines Hundes auf die eigenen Kommandos besser nachvollziehen und sein eigenes Verhalten ändern, um eine Veränderung im Verhalten seines Hundes zu erreichen. Deswegen geht es in diesem Beitrag um das Lernverhalten von Hunden und was du aus den 5 wichtigsten Lerntheorien für dein Training mitnehmen kannst.

DER ARTIKEL IM ÜBERBLICK

Lernen findet immer und überall statt. Nicht nur am Wochenende in der Hundeschule, sondern von morgens bis abends. Dieser Aspekt wird im Alltag häufig vergessen und wir wundern uns, warum unser Hund „plötzlich“ unerwünschte Verhaltensweisen zeigt, die wir mühsam über Training wieder abstellen müssen.

So wie man nicht nicht kommunizieren kann, kann man auch nicht nicht lernen. Denn Lernen ist nichts anderes als eine gemachte Erfahrung, die zu einer Verhaltensänderung führt – ganz vereinfach gesagt. Diese Verhaltensänderung wiederum dient der Anpassung des Individuums an seine Umwelt, beispielsweise zur Verbesserung der Lebensbedingungen.

Zwei Beispiele:

  1. Du hast im Laufe deines Lebens gelernt: Das Berühren der heißen Herdplatte führt zu Schmerz, deswegen solltest du sie lieber nicht anfassen.
  2. Dein Hund hat gelernt: Klapperst du mit der Hundefutterdose, gibt es gleich etwas zu essen. Er beginnt daraufhin zu sabbern.

Lernen kann bewusst und unbewusst ablaufen und ganz unterschiedliche kognitive, emotionale und physische Bereiche betreffen. Je nach Situation laufen viele Lernprozesse gleichzeitig ab. Die meisten Lernprozesse bekommen wir gar nicht mit und denken auch gar nicht drüber nach. Fährt dein Hund das erste Mal im Auto mit, wirst du vermutlich wenig daran denken, was sein Körper in dem Moment lernt – nämlich mit dem Ungleichgewicht der Autofahrt umzugehen und durch entsprechende Reflexe und Muskelaktivierung im Gleichgewicht zu bleiben – ein Prozess, der unbewusst und automatisch abläuft, der den Hund aber zunächst in Stress versetzen kann.

Die 5 wichtigsten Lerntheorien: So lernen Hunde

Um zu verstehen, wie Hunde lernen, ist es hilfreich, sich mit der Lerntheorie zu beschäftigen. Die Lerntheorie beschreibt erforschte Vorgänge im Gehirn und sie ist nicht nur gültig für Hunde, sondern auch für alle anderen Tiere und sogar für uns Menschen. Lernen funktioniert im Grunde immer gleich.

Im Alltag mit dem Hund spielen vor allem folgende Lerntheorien eine Rolle:

  • Habituation (Gewöhnung)
  • Sensitivierung (Sensibilisierung)
  • Nachahmung
  • Klassische Konditionierung
  • Operante Konditionierung

Was es damit auf sich hat und wie du sie für dich im Hundetraining einsetzen kannst, schauen wir uns jetzt an.

Nicht-assoziatives Lernen: Habituation und Sensitivierung

Das nicht-assoziative Lernen ist die einfachste Lernform. Dein Hund ist einem wiederholten Reiz ausgesetzt und kann auf zwei unterschiedliche Arten darauf reagieren: Entweder gewöhnt er sich daran und die Reaktion wird weniger (Habituation) oder die Reaktion wird stärker (Sensitivierung). Beide adaptiveren Reizreaktionen geschehen unbewusst.

Habituation: Hunde lernen durch Gewöhnung

Bei der Habituation lernt dein Hund durch Gewöhnung. Das heißt, er gewöhnt sich an einen Reiz und reagiert nicht mehr oder immer weniger darauf. Das Gehirn deines Hundes hat in diesem Fall festgestellt, dass der Reiz nicht relevant ist: Er birgt keine Gefahr und erfordert auch sonst keinerlei besondere Aufmerksamkeit.

Beispiele hierfür sind: Dein Hund reagiert nicht mehr, wenn du ihm sein Halsband anlegst um Spazierenzugehen, dein Hund reagiert nicht mehr, wenn Menschen an eurem Grundstück vorbeigehen usw.

Sensitivierung: Hunde reagieren stärker auf Reiz

Die Sensitivierung stellt das Gegenteil der Habituation dar. In diesem Fall wird die Reaktion deines Hundes auf einen Reiz immer stärker. Dies ist zum Beispiel bei ängstlichen und unsicheren Hunden häufig der Fall. Ein Reiz löst eine starke Emotion bei deinem Hund aus und die Konsequenz ist, dass dein Hund in Zukunft stärker auf den Reiz reagiert. Diese Reaktion ist, genau wie bei der Gewöhnung, nicht bewusst steuerbar, sondern läuft unbewusst und automatisch ab. Beispiele hierfür sind die Angst vor der Feuerwerksknallerei an Silvester, die Angst vor dem Alleinbleiben oder die Angst vor Männern mit Hut.

Um dir und deinem Hund das Leben zu erleichtern, macht es Sinn, daran zu arbeiten, die Reizreaktion durch gezieltes Training abzumildern. Dies ist möglich.

In manchen Fällen gehen Sensitivierung und Habituation sogar ganz von allein Hand in Hand und ergänzen sich. In dem Fall wird die anfänglich sehr starke Reaktion mit der Zeit weniger, weil der Hund lernt, dass der Reiz eigentlich keine Konsequenz mit sich bringt. Bellt dein Hund den neuen Postboten anfangs immer an, gewöhnt er sich mit der Zeit an den neuen Menschen in seinem Leben, erfährt, dass ihn der Postbote nicht betrifft. Er ist vielleicht noch aufgeregt, wenn der Postbote kommt, er hört aber nach und nach mit der Bellerei auf.

Assoziatives Lernen: Konditionierungslernen

Beim Assoziativen Lernen wird das Gelernte an Ereignisse und Erlebnisse geknüpft, die eigentlich nicht im Zusammenhang stehen.

Klassische Konditionierung: Dein Hund lernt: das Futter kommt!

Das bekannteste Beispiel der klassischen Konditionierung ist der Pawlowsche Hund. Der russische Forscher Pawlow hat herausgefunden, dass ein Hund allein beim Erklingen einer Glocke zu speicheln beginnt, wenn er zuvor immer wieder nach dem Erklingen des Tons Futter erhalten hat. Hier wurde ein neutraler Reiz (Glockenton) zu einem konditionierten Reiz (Glockenton), der wiederum einen Reflex (Speicheln) auslöst.

Weil Reflexe automatisch und unbewusst ablaufen, hat der Hund keinen Einfluss darauf. Er beginnt automatisch zu speicheln, wenn die Glocke erklingt, ohne dies willentlich zu beeinflussen. Du kennst das bestimmt von deinem Hund auch: Bereitest du das Fressen zu und hört dein Hund seine Futterschüssel klappern, beginnt er ebenfalls zu speicheln, weil er weiß, dass es gleich Futter für ihn gibt.

Das Futterbeispiel ist eine Situation, bei der positive Emotionen vorhanden sind. Es kann aber auch genau so gut sein, dass ein Reiz negative Emotionen hervorruft und ein Hund reflexartig mit Angst oder Aggression reagiert.

Von Habituation bis Konditionierung: So lernen Hunde

Operante Konditionierung: Bewusstes Lernen durch Erfolg

Neben der klassischen Konditionierung, bei der es um das Erlernen einer eher unbewussten Reaktion geht (Speicheln Angst), gibt es noch die operante Konditionierung, das Lernen am Erfolg. Die operante Konditionierung spielt im Hundetraining eine entscheidende Rolle. Hierbei handelt es sich nämlich um bewusstes Lernen: Dein Hund lernt anhand der Konsequenz, die auf sein Verhalten folgt. Konsequenzen können positiv sein und sich lohnen oder negativ sein und sich so wenig lohnen, dass dein Hund sie in Zukunft vermeiden wird.

Daraus ergeben sich vier Möglichkeiten des Lernens, die letztlich dein Training bestimmen. Man spricht hierbei von vier Lernquadranten.

1. Positive Verstärkung

Auf das gezeigte Verhalten folgt eine angenehme Konsequenz. Das Verhalten lohnt sich und wird häufiger gezeigt.

Beispiel: Du rufst deinen Hund zu dir, er kommt und wird gestreichelt, bekommt ein Leckerli oder du spielst mit ihm.

Was du wissen musst: Die positive Konsequenz muss unmittelbar auf das gewünschte Verhalten folgen, damit dein Hund das Verhalten und die Belohnung miteinander verknüpft und versteht, für was genau er ein Leckerli erhält. Hier kann Markertraining mit einem Clicker oder einem gezielten Markerwort helfen.

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2. negative Strafe

Auf das gezeigte Verhalten wird etwas Angenehmes entfernt. Es hat sich nicht gelohnt und wird weniger oft gezeigt.

Beispiel: Dein Hund rennt zur Tür, um dich zu begrüßen. Du möchtest aber nicht, dass er der erste an der Tür ist und ignorierst ihn. Für ihn hat es sich daher nicht gelohnt, zur Tür zu rennen.

Was du wissen musst: Deine eigene Konsequenz ist in diesem Fall extrem wichtig. Möchtest du das Tür-Renn-Verhalten deines Hundes abstellen, musst du ihn wirklich konsequent ignorieren und darfst ihn nicht genervt auf seinen Platz schicken.

3. negative Verstärkung

Ein erwünschtes Verhalten wird gezeigt, um etwas Unangenehmes zu beenden.

Beispiel: Du möchtest, dass dein Hund Sitz machst und nutzt hierfür Druck auf der Kruppe deines Hundes. Sobald dein Hund sitzt, nimmst du den Druck weg. Das Verhalten deines Hundes (Sitz) hat somit dazu geführt, dass die unangenehme Situation (Druck auf der Kruppe) endet.

Was du wissen musst: Wichtig für dein Training ist, dass du den Druck sofort wegnimmst, sobald dein Hund die richtige Reaktion zeigt.

4. positive Strafe

Das gezeigte Verhalten löst eine unangenehme Konsequenz aus und wird daher weniger oft gezeigt.

Beispiel: Du schimpfst mit deinem Hund, weil er bellend zur Tür rennt, wenn der Postbote kommt. Das Schimpfen ist für deinen Hund unangenehm und er hört auf, den Postboten anzubellen.

Was du wissen musst: Die Strafe muss unmittelbar auf das Verhalten folgen, damit dein Hund eine Verknüpfung herstellen kann. Hat dein Hund in deiner Abwesenheit das Haus verwüstet, bringt das Schimpfen nach deiner Rückkehr nichts: Dein Hund versteht nämlich nicht, dass sich dein Schimpfen auf die kaputten Sofakissen bezieht.

Emotionen und Lernen gehen Hand in Hand

Die Begriffe positiv und negativ sind mathematische Begriffe und bedeuten nichts anderes als das Hinzufügen (positiv, +) und Wegnehmen (negativ, -) von angenehmen oder unangenehmen Dingen.

Dennoch gehen die vier Lernquadranten immer auch mit Emotionen wie Freude, Frust, Angst, Schmerz und Erleichterung einher. Ein Hund, der für das erwünschte Verhalten etwas Angenehmes bekommt – sei es Futter, Aufmerksamkeit oder eine Spieleinheit – wird mehr Motivation mitbringen Dinge richtig zu machen und sich wie erwünscht zu verhalten, als ein Hund, der über Druck lernt und dabei Angst und Stress empfindet.

Diese Emotionen wiederum beeinflussen auch euer Miteinander und entscheiden letztlich darüber, wie eng und vertrauensvoll eure Beziehung ist. Bekommt dein Hund von dir viel Bestätigung für sein Verhalten, wird er dir gegenüber positiver eingestellt sein als ein Hund, der aus Angst vor Bestrafung tut, was von ihm verlangt wird.

Stress verhindert erfolgreiches Lernen

Negative Emotionen wie Angst und Stress beeinträchtigen aber nicht nur den Alltag und das Leben deines Hundes, sondern auch den Lernerfolg und sogar die Gesundheit. Unter Stress – und dazu gehören auch negative Emotionen wie Angst und Frust – kann kein Lernen stattfinden! Der Körper schaltet automatisch in einen Notzustand, in dem kein bewusstes Handeln mehr möglich ist und dein Hund instinktiv reagiert. Und dies kann vor allem bei ängstlichen und unsicheren Hunden am Ende dazu führen, dass sie zu Angstbeißern werden und für den Menschen eine Gefahr darstellen. Deswegen solltest du immer darauf achten, dass du das Stresslevel deines Hundes so gering wie möglich hältst – in Trainingssituationen genauso wie im Alltag. Denn du weißt ja: Man kann nicht nicht lernen.

Nachahmung: Hunde lernen von anderen Hunden

Die letzte wichtige Lernform, die du kennen solltest, ist die Nachahmung. Genau wie wir Menschen, lernen auch Hunde durch Nachahmung voneinander. Hier wird von sozialem Lernen, Lernen am Modell auch Imitationslernen gesprochen. Verantwortlich für das Lernen durch Nachahmung sind sogenannte Spiegelneurone im Gehirn. Sie sollen die beobachtete Handlung spiegeln und dadurch Prozesse auslösen, die auch ausgelöst werden, wenn die Handlung selbst ausgeführt worden wäre.

Hast du zum Beispiel einen Hund, der noch nie jagen gegangen ist und triffst dich mit einem anderen Hundebesitzer, dessen Hund jagen geht, kann es passieren, dass sich dein Hund das Verhalten abschaut. Weil Jagd oft mit einer positiven Konsequenz einhergeht, indem Glücksgefühle ausgeschüttet werden, wird in diesem Fall das Lernen durch Nachahmung auch noch mit einer Konditionierung verknüpft. Dein Hund lernt also nicht nur, dass man jagen gehen kann, er lernt auch, dass sich das Jagen für ihn lohnt.

Fazit

Für ein positives Miteinander mit deinem Hund ist es wichtig, dass du weißt, wie Hunde lernen. Nur so kannst du verstehen, warum es nichts bringt, wenn du wild mit deinem Hund schimpfst, weil er ganz automatisch wild auf die Fußgänger reagiert, die an deinem Grundstück vorbeigehen, warum dein Hund plötzlich Verhaltensweisen zeigt, die du doch eigentlich nur vom Hund deiner Freundin kennst und warum manche Hunde motivierter im Training sind als andere.

Die Kenntnisse der Lerntheorie helfen dir dabei, das Verhalten deines Hundes zu verstehen und sie unterstützen dich dabei, eine Lösung zu finden, um unerwünschte Verhaltensweisen abzustellen.  

Über den Autor

Karolina Kardel

Aufgewachsen auf dem Land mit Pferden, Hunden und Katzen, werde ich bereits mein Leben lang von Vierbeinern begleitet. Ich bin ausgebildete Journalistin und seit einigen Jahren liegt mein fachlicher Schwerpunkt bei Themen rund ums Tier.